Die Wissenschaft der feinen Steaks
Fleisch ist ein Naturprodukt, das wissen wir alle. Jedes einzelne Steak in seiner Farbe, Marmorierung und Geschmack ist ein Unikat. Maßgebliche Qualitätskriterien eines guten Steaks finden sich in der artgerechten und nachhaltigen Aufzucht der Rinder wieder, aber auch die Herkunft und Rasse der Tiere sowie ihr Schlachtung und die anschließende Art der Reifung nehmen entscheidenden Einfluss auf das Endprodukt. Selbstverständlich darf man auch nicht vergessen, dass jeder Zuschnitt (engl. „Cut“) einen eigenen charakteristischen Geschmack und eine eigene Struktur aufweist. So unterscheidet sich ein zartes Rinderfilet markant in Geschmack und Textur von einem kräftigen und stärker durchwachsenen Tomahawk Steak. Wie ihr seht: Geschmack und Qualität hängen von einer Vielzahl an Faktoren ab.
Über die Zeit habe ich viele verschiedene Cuts von vielen verschiedenen Rinderrassen, die auf unterschiedlichste Art und Weise gereift wurden, testen können. Angefangen von der klassischen Wet-Aging Methode, über trockengereifte bis hin zu Smoke- oder Asche-aged Steaks, die Vielzahl an Reifemethoden hat in den letzten Jahren signifikant zugenommen.
Zuletzt stand bei uns ein Steak-Tasting der besonderen Art ins Haus. Das Motto lautete „Beef on the Bone“, also verschiedene Cuts, die am Knochen verarbeitet werden. In Kooperation mit Gourmetfleisch habe ich drei verschiedene Steaks in der Gusseisenpfanne und auf dem Grill zubereitet.
- 1350g Tomahawk Steak vom irischen Weideochsen (wet-aged).
- 950g Côte du Boeuf (auch Shellsteak) vom irischen Hereford Rind (dry aged).
- 750g T-Bone Steak vom amerikanischen Hereford Rind (wet-aged).
Das Set-up
Irish Ox Tomahawk Steak
1350g geballte Power suchen ihres Gleichen. Beim Auspacken des irischen Tomahawk Steaks war ich ehrlich gesagt ganz schön baff, denn so ein Gerät habe auch ich nicht alle Tage auf meinen Grills zu liegen. Was das Tomahawk jedoch durch Gewicht und Größe an vermeintlicher Grobheit mitbringt, wird beim ersten Bissen alles in Sekundenschnelle von der faszinierenden Zartheit und saftigen Konsistenz des Fleisches überdeckt.
Ich habe das Steak, so wie ich es eigentlich bei fast jedem Steak ab einem Gewicht von 800 Gramm mache, „reverse“ zubereitet wie der Grillenthusiast zu sagen pflegt. Kurz gesagt: Zunächst habe ich das Steak bei 120 Grad in indirekter Hitze auf eine Kerntemperatur von 54 Grad Celsius (medium-rare) gebracht und es anschließend von jeder Seite auf dem Grill über maximaler Hitze scharf angebraten. Meine favorisierte Methode und meiner Meinung nach (eine hohe Fleischqualität vorausgesetzt) ein Garant dafür, dass das Steak gelingt.
Zum Geschmack: Wie schon oben angedeutet hatte ich bei diesem kleinen Monster einen viel direkteren Geschmack und eine gröbere Textur erwartet. Beim ersten Bissen wurde ich jedoch eines Besseren belehrt. Das Fleisch vom irischen Ochsen besticht vor allem durch zurückhaltende Fleischaromen und eine unerwartete Zartheit. Es wirkt aus diesem Grund nach dem Verzehr nicht ansatzweise unangenehm mächtig oder füllend und macht Lust auf mehr. Betont werden muss natürlich, dass an dem Tomahawk vier Personen gespeist haben.
Alles in allem ist das Tomahawk vom irischen Ochsen ein toller Allrounder, der sowohl „eingefleischten“ Steakfans, wie auch zarter beseiteten Fleischessern mundet und ein durchaus würdiger Hauptdarsteller eines Grillabends auch in größerer Runde ist.
Irish Dryaged Côte du Boeuf
Nicht weniger eindrucksvoll als das Tomahawk kommt auch das trockengereifte Côte du Boeuf vom irischen Hereford daher. Mit 950g aber einem viel geringeren Knochanteil stellt auch dieser Cut eine kleine Herausforderung bei der Zubereitung für jeden Fleischliebhaber dar.
Zubereitet wurde das Steak ebenso wie das Tomahawk auf Grund seines Gewichtes „reverse“. Das Finish habe ich dem Côte du Boeuf jedoch in meiner gusseisernen Pfanne verpasst, sodass sich eine hervorragende Kruste gebildet hat.
Geschmacklich besticht das Irish Hereford durch eine besondere Zartheit und eine vom Fett und dem Dry Aging Verfahren hervorgerufene intensive nussig aromatische Note. Eine tolle Kombination!
American T-Bone Steak
Der Klassiker in jedem guten Steak-Restaurant: Das T-Bone. Als Inbegriff der amerikanischen Steak-Kultur ist dieser Cut zu einem der beliebtesten der Welt geworden. Mit einem kleinen Filet- und einem mächtigen Roastbeef-Anteil vereint das Steak sowohl den zartesten wie auch den geschmacklich mit am intensivsten Teil des Rindes.
In diesem Fall handelte es sich um ein T-Bone (28 Tage wet-aged) vom amerikanischen Hereford Rind, das ausschließlich mit Getreide, Mais und Heu gefüttert wurde. Eigentlich soweit auch bei der Aufzucht nichts außergewöhnliches. Doch als ich das Steak aus dem Kühlkarton nahm, konnte ich kaum glauben, dass ich gerade ein amerikanisches T-Bone in der Hand halte. Eine derart feine Marmorierung ist mir bei Steaks vom Hereford von diesem Kontinent noch nie untergekommen. Aber die Marmorierung war nicht das einzige Kriterium, das das Steak im Endeffekt zu meinem heimlichen Favoriten gemacht hat.
Ganz untypisch für diesen schweren Cut habe ich das T-Bone zunächst in meiner gusseisernen Pfanne mit etwas Sonnenblumenöl und Fleur de Sel sowie Rosmarin und Knoblauch scharf angebraten. Die „Krustenbildung“ war ausgezeichnet. Anschließend habe ich das Steak bei 120 Grad im Ofen Ober-/Unterhitze zum gewünschten Gargrad medium-rare (54 Grad Celsius) gezogen.
Nach kurzer Ruhezeit konnte ich das Fleisch vom Knochen lösen, wobei das Messer durch das fein marmorierte Fleisch ging wie Butter. Der Geschmack hat mich auch überrascht. Obwohl das T-Bone nicht trockengereift wurde, hatte es einen dezent nussigen Geschmack und das Fett war stark aromatisch. Diese positive Eigenschaft könnte allerdings auch von der Fütterung her rühren. Anders kann ich mir zumindest das tolle Aroma nicht erklären. Ein richtiges Prachtsteak!
Fazit
Mehr Geschmack am Knochen geht eigentlich nicht und unterschiedlicher hätten die drei Steaks nicht sein können. Das Tomahawk vom irischen Ochsen hinterlässt nicht nur optisch mit seinen 1350g einen bleibenden Eindruck. Geschmacklich durchaus etwas dezenter als seine Kollegen, hat das Steak jedoch vor allem durch eine für irisches Ochsenfleisch absolut ungewöhnliche feine Marmorierung und zarte Textur punkten können. Reverse gegart bei 120 Grad hatte das Fleisch ausreichend Zeit, um sein gesamtes Aroma zu entfalten. Das scharfe Anbraten für knapp 2 Minuten von jeder Seite hat dem Tomahawk ein würdiges Finish und eine bemerkenswerte Kruste verpasst.
Das Côte du Boeuf vom irischen Hereford Rind ging von der geschmacklichen Intensität in die ungefähre Richtung des Tomahawk Steaks.
Der markanteste Unterschied wurde in meinen Augen jedoch vor allem durch das Dry Aging gewonnen. Feine Aromen von Nüssen und ein signifikant intensiverer Eigengeschmack des intramuskulären Fettes haben das Steak zu einem besonderen Genuss werden lassen.
Mein heimlicher Favorit dieses Steak-Tastings ist und bleibt allerdings das T-Bone Steak vom amerikanischen Hereford Rind. Ob es an der konsequenten Fütterung der Tiere ausschließlich mit Getreide, Mais und Heu liegt, vermag ich nicht zu sagen. Aber dieses feine Stück Fleisch konnte in meinen Augen mit Blick auf die Geschmacksintensität selbst das trockengereifte Côte du Boeuf vom artverwandten irischen Hereford überholen. Eine wahre Gaumenfreude kann ich euch sagen!
Falls ihr nach diesem Beitrag Hunger auf mehr bekommen habt und auch einmal in den Genuss dieser Steaks kommen wollt, empfehle ich euch wärmstens einen Besuch der Website von Gourmetfleisch!
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